Neue vertragszahnärztliche Versicherungspflicht für die Berufshaftpflicht

Längst überfällig oder überflüssig? Was bereits seit Jahrzehnten in der Berufsordnung der Zahnärzte in § 4 fest verankert ist, kommt zum 20. Juli 2021, durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) von Jens Spahn im Corona-Nebel beschlossen, jetzt auch für die Vertragszahnärzte.

Aber bringt dieses Bürokratiemonster wirklich Licht in einen bisher sich selbst überlassenen Bereich? Wir sagen: JEIN!

Neu und gut ist, dass erstmalig eine Schnittstelle zwischen den kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder und der jeweiligen Berufshaftpflichtversicherung des Zahnarztes geschaffen wurde. Die Überprüfung einer nach § 4 der Berufsordnung bestehenden und ausreichenden Berufshaftpflicht für Zahnärzte wurde bisher nur in Ausnahmefällen und bei einem konkreten Verdacht von der jeweiligen Zahnärztekammer durchgeführt.

Endlich ändert sich das! Jetzt wird einmalig geprüft, bei der Anstellung von angestellten Zahnärzte:innen, bei der Erstniederlassung, Praxisübernahme und bei der Eröffnung von Zweigniederlassungen. Ohne ordnungsgemäße Versicherungsbescheinigung darf der Zulassungsausschuss die begehrte Zulassung bzw. Anstellungsgenehmigung des Zahnarztes nicht mehr erteilen.

Was nach der einmaligen Prüfung passiert, geht in die Verantwortung der Versicherungsgesellschaft über, welche die Berufshaftpflichtversicherung für den Zahnarzt führt. § 113 VVG mit seinen drei Absätzen geht gar nicht auf das Thema Überprüfung ein, sondern setzt lediglich das Bestehen als Pflicht voraus. Gut finden wir, dass die Zulassungsausschüsse der KZVen den jeweiligen ZAEK melden, falls der Vertragszahnarzt dieser Versicherungspflicht nicht nachkommt.

Die Berufshaftpflicht der Zahnärztin oder des Zahnarzts ist nach § 117 Abs. 2 VVG dazu verpflichtet, dem Zulassungsausschuss einen Umstand zu melden, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat: das Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses, die Beendigung des Versicherungsverhältnisses sowie Änderungen des Versicherungsverhältnisses, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz im Verhältnis zu Dritten beeinträchtigen können.

In der Praxis sehen wir das nur bei folgenden Gesellschaften als gesichert an: AXA, Basler, SIGNAL IDUNA, HDI, Generali, Alte Leipziger, Deutsche Ärzteversicherung, Gothaer, Helvetia und Allianz. Andere Gesellschaften haben mit der Berufshaftpflicht für Zahnärzte nicht die nötige Kompetenz, um rechtzeitig zu reagieren. An dieser Stelle hätten wir uns eine bundesweite Stelle der KZBV gewünscht und tun das auch weiterhin für die Zukunft.

Meckern auf hohem Niveau? Wir sagen: Nein! Bestehende Systeme gibt es ja bereits in anderen Berufsgruppen und diese funktionieren hervorragend. Weiter wird § 95e SGB V in Bezug auf die Versicherungssummen in unserer täglichen Beratungspraxis generell missverstanden. Die Mindestversicherungssumme wird in der Praxis als Haftungsbegrenzung wahrgenommen. Aber vorsichtig, das Gegenteil ist der Fall: Eine Haftungsbegrenzung besteht nicht per Gesetz und unsere Empfehlung ist, sich so hoch wie möglich zu versichern. Versicherungssumme von heute für Schäden von morgen ist unsere Devise.

Gerne stellen wir an dieser Stelle auch unsere Erfahrung zur Verfügung und veröffentlichen, dass bei uns kein neuer Berufshaftpflichtversicherungsvertrag mit einer Deckungssumme von unter 7.500.000 Euro für Personen-, Sach- und Vermögensschäden zustande kommt. Das zeigt aus unserer Sicht erstens, dass das Verständnis in der Zahnärzteschaft vorhanden ist und die Qualitätssicherung funktioniert und zweitens, dass die Gesetzesänderung veraltet ist. Das untermauert auch der Name Omnibusgesetz, unter welchem diese Änderung noch schnell zum Ende der Legislaturperiode verabschiedet wurde.

Am Ende will noch erwähnt werden, dass der Zulassungsausschuss zwar das Bestehen einer Berufshaftpflicht nach § 113 VVG und § 95e SGB V überprüft, aber den Inhalt nicht bzw. nicht ausreichend. So kann ein Zahnarzt, Zahnärztin oder MVZ weitere Zahnärzt:innen in seiner Praxis anstellen und eine Versicherungsbestätigung nach § 113 VVG beim Zulassungsausschuss vorlegen, ohne dass dort explizit der Name der angestellten Zahnärztin oder des angestellten Zahnarztes  auftaucht. [AR3] Das passiert in der Regel recht häufig, wie wir festgestellt haben, und hinterlässt eine ziemliche Lücke in diesem Gesetz, wo sich vor allem die angestellten Zahnärzte:innen selbst in Sicherheit wiegten.

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